Mittwoch. 22. Januar: "Wenn ältere Menschen aus der Spur geraten"

Dr. Angela Grote-Reith referierte im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“  zum Thema Delir im Alter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Wenn ältere Menschen aus der Spur geraten – Delir im Alter“  war das Thema im ersten Jakobi-Treff  "Kirche und Welt" in diesem Jahr. Als Referentin konnte Karl Wilms Dr. Angela Grote-Reith vorstellen, die seit fünf Jahren die Medizinische Klinik IV - Geriatrie/Palliativmedizin (Jakobi-Krankenhaus) des Klinikums Rheine leitet.

 

 

 

Unter einem Delir werde allgemein eine plötzliche Störung des Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, der Emotionalität und des Schlaf- Wach Rhythmus zusammengefasst, so Grothe-Reith. Ein Delir entwickle sich insbesondere nach den Belastungen eines Patienten durch eine Operation oder durch einen Aufenthalt auf einer Intensiv-Station. 

 

Zu den Risikofaktoren gehöre hohes Lebensalter (älter als 65 Jahre), eine Vorbelastung durch mehrere Krankheiten, die Einnahme mehrerer Medikamente, Stürze in der Krankheitsgeschichte sowie Mangelernährung aber  auch Schwerhörigkeit und Sehstörungen.

 

Die häufigsten Verhaltensstörungen beim Delir seien Schlaf- sowie nächtliche Verhaltensstörung  und abnormes motorisches Verhalten, gefolgt von Wahnvorstellungen und Aggressionen.

 

Beim hyperaktiven  Delir (ca. 5 % der Patienten) seien die Betroffen sehr unruhig, reagierten empfindliche auf Reize aus ihrer Umgebung, können verbal und körperlich aggressiv werden und fallen auf durch Zupfen, Nesteln an Kleidung und Gegenständen oder auch Mobiliar auf.  Das hypoaktive  Delir (ca. 30% der Patienten)  hingegen sei  das „stille Delir“. Betroffene sind ausgesprochen passiv, sitzen oder liegen überwiegend. Grote Reith: „Die starke Verwirrtheit und Desorientierung fällt nur bei intensiverem Kontakt auf. Dies trägt dazu bei, dass das Delir durch das Pflegepersonal häufig gar nicht als solches erkannt wird“.

 

Beim Umgang mit den Defiziten von Delir-Patienten helfen Notizen, Kalender, Uhren, Schilder an den Türen. Gleichbleibende Umgebung und Tagesstruktur reduzieren die Probleme, insbesondere ein guter Schlaf/Wach-Rhythmus sei wichtig. Bei der Behandlung des Delirs habe man mit der aus der Sozialpsychologie entwickelten Milieutherapie gute Erfolge erzielt. Dabei wird das therapeutisches Handeln an die Kompetenzen (Verluste und  Reserven) der Patienten angepasst und die  Umwelt so gestaltet, dass die Patienten weder unter‐ noch überfordert wird und sich insbesondere nicht bedroht fühlt.

 

Hilfreich sei dabei die Gewährleistung einer überschaubaren Umgebung (Orientierungshilfen, Beleuchtung), der Versuch der Reorientierung sowie klare Kommunikation, sowohl verbal als auch nonverbal. Weitere Maßnahmen bestehen im Beheben sensorischer Beeinträchtigungen (Seh-, Hörhilfen etc.) und die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, ebenso das Vermeiden von Reizüberflutung (Lärm) aber auch Reizdeprivation, also das Fehlen von Sinneseindrücken wie z. B. Licht oder Geräuschen. Zur Therapie gehöre auch das Ermöglichen von Beschäftigung, Förderung der Mobilität und natürlich eine Konstanz der Bezugsperson sowie ein enger Kontakt zu den Angehörigen.

 

Dem mit anschaulichen Beispielen aus der Klinikpraxis, aber auch mit persönlichen Erfahrungen aus der eigenen Familie angereichertem Vortrag dankten die zahlreiche Zuhörer mit herzlichem Applaus. Es wurde deutlich, dass es schon seinen Grund hat, dass sich unter der Leitung von Grothe Reith die geriatrische Abteilung der Mathiasstiftung zur größten ihrer Art im Münsterland entwickelt hat