18/03/2025 0 Kommentare
„Die großen Herausforderungen in der Pflege werden verdrängt“ Diakonie zwischen Seelsorge und Wirtschaftlichkeit im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“
„Die großen Herausforderungen in der Pflege werden verdrängt“ Diakonie zwischen Seelsorge und Wirtschaftlichkeit im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“
# Aktuelles 2025

„Die großen Herausforderungen in der Pflege werden verdrängt“ Diakonie zwischen Seelsorge und Wirtschaftlichkeit im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“
"Diakonie – zwischen Seelsorge und Wirtschaftlichkeit“ war das genaue Thema im Jakobi-Treff "Kirche und Welt" im Februar. Als Referenten konnte Karl Wilms Stefan Zimmermann, Vorstand der Diakonie WesT e.V. (im Foto li.) und Jörg Oberbeckmann, Pfarrer und Diakonie-Beauftragter des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg (im Foto re.), begrüßen.
In den Kreisen Steinfurt, Borken und Coesfeld leistet die Diakonie WesT mit über 600 Mitarbeitenden in über 40 Einrichtungen Unterstützung und Begleitung für Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen. So wie die Caritas für die katholische Kirche ist die Diakonie der seelsorgerische Teil der evangelischen Kirche. Dass Kirchen und Diakonie eng zusammengehören, zeige das Ergebnis der letzten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung: Der These, dass „die Kirchen Beratungsstellen für Menschen mit Lebensproblemen betreiben sollten“, stimmten 86% zu. Als Bleibegrund Nr. 1 wird von den Befragten angegeben „weil Kirche etwas für Arme, Kranke und Bedürftige tut“. Sozialdiakonische Motive wiegen dabei stärker als z.B. „Ich möchte kirchlich bestattet werden“.
Zimmermann: „Aus dem politischen Diskurs ist das Thema Pflege weitgehend verdrängt. Im Wahl-o-Mat zur Bundestagswahl hat sich von den 38 Thesen nur eine einzige mit der Pflege befasst. Im Jahr 2023 gingen über 800 Pflegeheime und ambulante Dienste in die Insolvenz“. Und das Heimsterben gehe weiter, egal ob familiengeführtes Pflegeheim, kirchliche Sozialstation oder leistungsstarkes Pflegeunternehmen. Der pflegerischen Versorgung drohe in diesem Jahr der Kollaps. Leidtragende seien dabei die Pflegebedürftigen. In Anbetracht des demografischen Wandels und des Eintritts der Baby-Boomer-Generation in die Pflegebedürftigkeit sei absehbar, dass sich ohne energisches Gegensteuern der Pflegenotstand in eine Pflegekatastrophe entwickeln werde.
Der unternehmerische Bereich der Diakonie West sei mit den Diakoniestationen für ambulante Pflege und Hauswirtschaft/Betreuung gut aufgestellt, ebenso hier in Rheine die Service-Wohnanlage „An der Gelben Villa“ und die Wohngruppe „An der Basilika“. Dagegen sei der Beratungsbereich durch einen stetigen Kampf um die notwendigen Mittel gekennzeichnet, sei es aus staatlichen Töpfen von Bund, Land und Kommunen oder Kirchensteuern. Dazu gehöre u. a. die allgemeine Sozialberatung, Bahnhofsmission, Fachberatungen zu Trennung u. Scheidung, zu sexualisierter Gewalt, Kindertagespflege und Familienberatung. Auch das Frauenhaus in Rheine gehört dazu. Die besonderen Herausforderungen liegen insbesondere in dem Arbeitskräftemangel, der Entwicklung der Haushalte in den Kommunen, im Land und beim Bund. Auch der absehbare Rückgang der Kirchensteuer stelle eine große Herausforderung dar. Trotzdem geht der Blick nach vorn: So biete der Neubau des Frauenhauses in Rheine gerade für bedrohte Frauen mit Kindern mehr Betreuung und Schutz.
Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass auf Gemeinde-Ebene die früher übliche Position einer „Gemeindeschwester“ schmerzlich vermisst wird. Allerdings zeige sich auch, dass da, wo unter guter hauptamtlicher Anleitung das ehrenamtliche Engagement wertgeschätzt wird und die Ehrenamtlichen nicht überfordert werden, Großartiges in der Hilfe für Bedürftige entsteht.
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