Donnerstag, 24. Dezember, Heilig Abend: Weihnachtspredigt von Pfarrerin Britta Meyhoff

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Donnerstag, 24. Dezember, Heilig Abend: Weihnachtspredigt von Pfarrerin Britta Meyhoff
Pfarrerin Britta Meyhoff

 

 

Heilig Abend 2020. Eigentlich wäre ich jetzt in der Kirche und würde mit vielen anderen Menschen Gottesdienst feiern. Am Ausgang würden wir uns gegenseitig „Frohe Weihnachten“ wünschen. Doch dieser Heilig Abend ist anders. Präsenzgottesdienste fallen an vielen Orten weg. Wo sie noch gefeiert werden, wird es sich anders anfühlen als die Jahre zuvor. Denn es gelten strenge Hygienevorschriften, es gilt Abstand zu halten, Mund-Nasen-Masken sind zu tragen und es erklingt kein gemeinsam gesungenes „O, du fröhliche“ oder “Stille Nacht“.

Deutschland befindet sich im „harten Lockdown“, wie viele andere Länder weltweit. Die Pandemie, die unser Leben das ganze Jahr bestimmt hat, verändert auch unser Feiern an Weihnachten. Daher wird auch zu Hause in den Familien, mit Freunden dieses Jahr anders sein. Dabei liebe ich Heilig Abend, die Weihnachtszeit und alle schönen Traditionen, die damit verbunden sind. Es fällt mir schwer, auf so viel Liebgewonnenes zu verzichten – ob es nun das Feiern mit meiner Familie ist, das Umarmen aus Freude über ein Geschenk oder der Besuch des Gottesdienstes mit gemeinsamem Singen der Weihnachtslieder - auch wenn es sicherlich wunderbare Gottesdienste im Fernsehen, Radio oder online gibt. Doch all das wird nicht so sein. Der Heiligabend 2020 und die Weihnachtstage werden sicher anders, stiller werden. Kommt denn dann überhaupt Weihnachtsstimmung auf, wenn ich auf so viel liebgewonnene Traditionen verzichten muss? Ja, natürlich, denn an Weihnachten geht es um mehr als die liebgewonnenen Traditionen.

Weihnachten ist trotz allem, was gerade in dieser Welt passiert. Wir sollten uns fragen: Was erwarte ich eigentlich von dieser Heiligen Nacht? Haben ich noch ein Gespür dafür, dass in dieser Nacht etwas ganz Besonders geschehen ist?

Heilig Abend feiern wir die Geburt des Heilandes, des Retters der Welt. Gott selbst überbrückt alle Distanz und wird Mensch in einem kleinen Kind.

Durch die Geburt dieses Kindes in Bethlehem verändert sich in Ihrem und in meinem Leben, in dieser Welt etwas – bis heute. Dieses Ereignis markiert also einen Wendepunkt.

Auch der Prophet Jesaja aus dem Alten Testament hatte weit vor der Geburt dieses Kindes in Bethlehem einen Traum von einem Wendepunkt. Seine Vision hören wir an diesem Heiligen Abend. Es sind berühmt geworden Worte, die vertraut klingen:

“Und es wird ein Zweig hervorgehen aus dem Stumpf Isais und ein Schössling hervorbrechen aus seinen Wurzeln. 2 Und auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rats und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN. 3 Und er wird sein Wohlgefallen haben an der Furcht des HERRN. Er wird nicht nach dem Augenschein richten, noch nach dem Hörensagen Recht sprechen, 4 sondern er wird die Armen mit Gerechtigkeit richten und den Elenden im Land ein unparteiisches Urteil sprechen… 6 Da wird der Wolf bei dem Lämmlein wohnen und der Leopard sich bei dem Böcklein niederlegen. 8 Der Säugling wird spielen am Schlupfloch der Natter und der Entwöhnte seine Hand nach der Höhle der Otter ausstrecken. 9 Sie werden nichts Böses tun, noch verderbt handeln auf dem ganzen Berg meines Heiligtums; denn die Erde wird erfüllt sein von der Erkenntnis des HERRN, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ (Jesaja 11 in Auszügen)

Dieser Traum, diese Vision wurde ungefähr 700 Jahre vor der Geburt von Jesus aufgeschrieben. Damals wurden die Menschen in Israel von den Großmächten ihrer Zeit bedrängt. Sie hatten gerade einen Krieg verloren und überlebt. Und nun hören diese Menschen Jesajas Vision vom Frieden: Aus dem abgeholzten Baumstumpf wächst ein neuer Spross heraus. Aus der Zerstörung wächst neues Leben wie eine Blume, die sich durch Asphalt kämpft. Mitten in der Hoffnungslosigkeit wächst eine Person heran, auf der der Geist Gottes ruht. Der Prophet hat die Zukunft im Blick. Er schaut nach vorne und macht den Menschen Mut und Hoffnung. In dieser neuen Welt, die Jesaja beschreibt, gelten andere Spielregeln, als wir sie aus unserem Alltag kennen - sie scheinen unseren Erfahrungen sogar zu widersprechen. Diese neue Welt folgt anderen Zielen. Gerechtigkeit, Wahrheit spielen eine große Rolle und ein allumfassender Frieden, der Schöpfung und Geschöpfe gleichermaßen umgibt und prägt.

Vom Beginn dieser neuen Welt, von diesem Frieden, dem Schalom Gottes, erzählt auch dieses Kind, dessen Geburt wir immer wieder Heilig Abend feiern. Die Zukunft, die Jesaja vor Augen hatte, verknüpft sich mit diesem Kind in Bethlehem.

Wir wissen, was aus diesem Neugeborenen namens Jesus wird. Sein Leben als Erwachsener wird zeigen, dass in seinem Reden, seinem Tun und seiner ganzen Art sichtbar wird, dass Gottes Geist auf ihm ruht. In ihm wird Gottes Liebe greifbar und er bringt Gottes Frieden. Ein Stück Himmel auf Erden, ein Stück Ewigkeit wird spürbar.

Ist es nicht genau das, was ich, was Sie jedes Jahr auf’s Neue von Weihnachten erhoffen? Ich sehne mich nach einem Stück Himmel auf Erden, einer anderen, besseren Welt, in der umfassender Friede und Gerechtigkeit herrschen. Die Geburt dieses Kindes in Bethlehem verheißt das. Diese Heilige Nacht hat grundlegend etwas verändert – bis heute und in die Zukunft hinein. Dieses Kind macht mir Mut, einen anderen Maßstab ans Leben zu legen: die Liebe. Und ich habe Mut, nach vorne zu blicken, ich glaube an eine Gegenwart und Zukunft, in der Gott handelt.

Wo dem Leben widersprochen wird und wo es gefährdet und bedroht ist, dort will ich auf die Botschaft setzen, die uns Jesus Christus hinterlassen hat. Wo nicht das Wohl des Menschen im Mittelpunkt steht, dort will ich auf andere Regeln setzen und will mein Handeln von der Liebe leiten lassen. Wo Menschen in dieser Welt verzweifeln und sie an keine Zukunft mehr glauben können, will ich daran festhalten, dass Gott noch etwas mit dieser Welt vorhat und sie nicht aufgibt.

Darum habe ich allen Grund zur Freude und zum Feiern auch in diesem Jahr 2020. Denn genau das darf ich von dieser Heiligen Nacht erwarten: Dass mit dem Kind in Bethlehem etwas Neues anfängt. Dass Gott sich aufmacht, zu suchen und zu retten, was ich für verloren halte - auch in mir selbst.

Vertrauen wir gemeinsam darauf, auch in dieser schwierigen Zeit. Es ist Weihnachten. Es ist Gottes Zukunft. Und die kann uns auch ein Virus nicht nehmen. Frohe Weihnachten!

 

Gebet

Gott, du Licht unseres Lebens,

wir danken dir für die Vision vom Frieden, die unsere Hoffnung beflügelt.

Wir danken für jeden Augenblick voll Ruhe und Frieden, den wir erleben.

Wir bitten dich:

für alle, die in dieser Nacht unter Spannungen und Unfrieden leiden,

für alle, die sich nach der Nähe anderer Menschen sehnen,

für alle, die jetzt arbeiten in Krankenhäusern und Heimen,

bei der Polizei und bei der Feuerwehr oder an anderen Orten,

für alle, die gerade kein Dach über dem Kopf haben,

für alle, denen Gerechtigkeit fehlt,

für alle, die einen geliebten Menschen schmerzlich vermissen.

Lass uns die Freude von Weihnachten mit nach Hause nehmen.

Amen

 

Ihre Pfarrerin Britta Meyhoff

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